Beast of Burden
Die KLR 650 (A)!
Nach dem Jahr mit der KLR 600 wollte ich keine KLR mehr. Aber, Versuche die 600er im FrĂŒhjahr 89 zu verkaufen schlugen fehl. Da schaute ich bei meinem KAWA HĂ€ndler vorbei
um mich nach einem gröĂeren Tank zu erkundigen. âWarum kaufst du dir keine mit einem gröĂeren Tank?â âNa gut, welche denn?â fragte ich. Da bot er mir ein Schweine-Geld fĂŒr
die 600er (klar er hatte ja erst kurz vorher den Motor komplett ĂŒberholt) und die 650er Neu fĂŒr 6999,- DM an. Gefallen hin oder her, zu schwer hin oder her da konnte ich nicht nein sagen.
(Info: 1989 mutierte KAWA die bewehrte KLR 650 zur Tengai, weshalb die 88er KLR650 A zum Sonderpreis rausgehauen wurde. Original Kommentar vom HĂ€ndler: âJetzt wo sie
auslĂ€uft, will sie jeder habenâ, na ja ..... reine Preisfrage.
Also Bestellt! In schwarz (Farbe ist egal! Hauptsache schwarz) und entdrosselt. Die 600er gleich da gelassen (nicht das sie noch kaputt geht), zwei Wochen gewartet und da stand sie.
Ich war angenehm ĂŒberrascht. Zum einen sah sie in rot-schwarz bedeutend besser aus als in rot/weiĂ oder blau/weiĂ, und... draufsetzen, Augen zu, kein Unterschied zur 600er was die Sitzhaltung oder das Handling
betraf.
Wie sich dann heraus stellte, waren das auch die einzigen Ăbereinstimmungen mit der 600er. Die guten Eigenschaften hatte sie von der 600er behalten und der Rest war konsequent verbessert worden.
Der Motor: Erster Einzylinder Motor der den Motorrad Langstreckentest (40000km) ohne Motorschaden ĂŒberstanden hat!!
- 648 ccm (der gröĂte Serien-Eintopf seiner Zeit)
- WasserkĂŒhlung
- 4 Ventile
- 2 Nockenwellen
- Ventile ĂŒber TassenstöĂel betĂ€tigt.
- 27/48 PS ab 2500U/min ĂŒber 50Nm
Wenn ich die Eckdaten mit heutigen Einzylindern vergleiche, hat sich seitdem nicht viel getan .
Im Vergleich zur 600er war der Ălvorrat von 2 ltr. auf 2.5 ltr. gestiegen. Das Ălschauglas war nun so angebracht, dass man es auch sehen konnte. Das plus an Ăl trug, meiner Meinung
nach, einiges zur Haltbarkeit des Motors bei. Die KLX 650 hatte dann wieder ânurâ 2 ltr. Ăl und war von den Macken her der alten 600er nicht unĂ€hnlich.
Beim Fahren wurde sofort klar, dass der Motor völlig ĂŒberarbeitet worden war. Alles spielte sich 1000 U/min niedriger ab als bei dem 600er Triebwerk. Zwischen 4000 und
6000 U/min. âbrannteâ das Hinterrad. Bis in den dritten GAng wurde beim Beschleunigen das Vorderrad sehr leicht. Höher als 6500 U/min. brauchte man sie eigentlich nie drehen.
Auch die niedrigere Drehzahl trug einen entscheidenden Teil zur Standfestigkeit des 650er Triebwerks bei. Nicht ohne Grund war der KLR650 Motor noch bis 2003 im Programm
(obwohl in einem unwĂŒrdigen Motorrad), wĂ€hrend das eigentlich modernere KLX650 Triebwerk viel frĂŒher verschwunden war. Denn Kawasaki hat nie einen besseren Einzylinder gebaut.
Je nach Anzahl der Vorbesitzer und deren Kaltstartverhalten, hÀlt der erste Kolben zwischen 70000 und 100000 oder mehr Kilometer. Das der Kolben fÀllig ist, macht sich dann durch Kolbenklappern bemerkbar
und natĂŒrlich mit ein wenig erhöhtem Ălverbrauch (0,4l auf 1000km). Aus heutiger Sicht, wĂŒrde ich dann nicht nur den Kolben ersetzen, sonder auch die Pleuellager mitmachen lassen. Da sie Rollengelagert sind,
muss die Welle zum Lagertausch auseinandergedrĂŒckt und wieder zusammengepresst werden. Danach hat man aber wieder einen Motor fĂŒr die nĂ€chsten 100 000km. Nockenwellenantrieb
und die Kette fĂŒr die Ausgleichswelle sind dann auch fĂ€llig. Der Zylinderkopf meiner ersten war bei ein paarundsechtigtausend beinahe wie neu, Ventile dicht und keine
Ălkohleablagerungen. Der Kolben war auch noch gut in Schuss und nicht der Grund der Revision. Der eigentliche Grund weshalb ich den Motor öffnen musste, war meine
Ungeschicklichkeit und Dummheit. Zum einem hatte ich das GefĂŒhl das die Kupplung mal erneuert werden sollte, was absoluter Blödsinn war, zum andern habe ich dann beim
Zusammenbau das Gewinde zur Befestigung der Wasserpumpe abgerissen und diese sitzt auf der Ausgleichswelle und der Motor ist vertikal geteilt und der Zylinder muss dafĂŒr runter
und wenn der schon unten ist wird er auch gleich ausgeschliffen und mit neuem Kolben bestĂŒckt. HĂ€tte ich doch die Finger davon gelassen. TatsĂ€chlich habe ich danach nie mehr
einen KLR650 Motor geöffnet, war auch nie mehr nötig.
Das Fahrwerk:
- Vorne und hinten 230 mm Federweg
- vorne LuftunterstĂŒtz
- hinten Federvorspannung 5 Fach, Druck od. Zugstuffe (keine Ahnung) mit 3 klicks verstellbar
Das Fahrwerk war jeder Beladungssituation optimal anzupassen. Selbst im Urlaub vollbeladen, mit CampingausrĂŒstung und zwei Personen mit ca. 50kg Ăbergewicht, reichte es
die Feder hinten mit Stufe 3 od. 4 vorzuspannen. Nur wennâs auf Gravelroads ging war die 5te Stufe sinnvoll. Im Einzelbetrieb reichte Stufe 2, mit GepĂ€ck Stufe 3 völlig aus.
Gewicht:
Trocken 184 kg
Die Bremsen:
Ausreichend, vorne aber zu lasch. Mit den original SintermetallbelÀge und Stahlflex Bremsleitung erreicht man die beste Bremsleistung. Die einzige Schwachstelle der KLR650,
dennoch deutlich besser als bei der 600er.
Die Reifen:
Vorne 90/90 21S
Hinten 130/80 17S
Die original Japanschluffen (Dunlop K750) hielten nicht lange nach 4000km habe ich dann auf Metzeler Enduro umbereift, erst vorne Enduro1 hinten Enduro2, dann vorne und hinten Enduro3.
Meine bevorzugte Reifenombination war dann:
- vorne Enduro3, wegen des guten Gripps speziell abseits vom Asphalt
- hinten Enduro2, wegen der besseren Haltbarkeit gegenĂŒber dem 3er
Laufleistungen vorne:
- Enduro1 und Enduro3 zwischen 15000 und 18000km
Laufleistungen hinten:
- Enduro2 zwischen 8000 und 10000 km
- Enduro3 zwischen 6000 und 8000 km
In der 48PS Version musste der Reifen eingrtragen werden, da aber nur vom Metzeler Enduro die Rede war, konnte man diese bedenkenlos mischen.
Reisen:
Klassische Reiseenduro die Ihre Wurzeln im GelĂ€nde hat. Durch den 23 ltr. Tank waren bis Reserve 300 â 340 km drin. Die einzige SchwĂ€che waren Autobahnetappen und die schmalen
Sitzbank. Autobahnen habe ich, wenn irgend möglich, immer gemieden. Wennâs dann sein musste war so 130 km/h oder ca. 5500U/min. die ideale Reisegeschwindigkeit. DarĂŒber
wurde die Windlast auf Dauer unangenehm. Der Motor hat auch mal 500km bei 6000U/min und mehr weggesteckt, war aber bei mir die Ausnahme.
Richtig gut war sie dann auf allen anderen Strassen. Ob Landstrasse, AlpenpÀsse, oder Pisten kein Grund zur Klage. Super Fahrwerk, handlich und jede Menge bums von unten
erlaubten ein zĂŒgiges Vorrankommen. Speziell wenn viel ĂŒberholt werden musste begeisterte mich der Motor immer wieder. Die Sitzbank habe ich mir aufpolstern lassen, so konnte man auch mal
einen Tank auf der Landstrasse leer fahren ohne Pause machen zu mĂŒssen.
Zubehör:
Ideales Koffersystem waren die original Koffer von Kawa. Billiger als die H&B Teile, passgenauer und der TrÀger ohne Koffer harmonisierte viel besser als das H&B Pendant.
Die TrÀger von H&B haben mich immer aufgeregt, NIEMALS passte der TrÀger ohne Nacharbeiten, biegen, Löcher bohren und und und. Der einzige Grund warum ich bei der
letzten dann doch H&B angebaut habe war, dass der Original nicht mehr im Programm war. Mein Hein Gericke Shop hat mir 3 TrÀger bestellt, aus denen ich mir dann einen passenden
zusammenstellte. Die Koffer an sich sind super.
Als Tankrucksack hatte ich mir einen bei Götz einen Endurotankrucksack mit Seitentaschen bestellt, damals waren diese noch nicht zum abnehmen. AuĂer, dass die Farbe total daneben
lag, war ich sehr zufrieden mit diesem.
MotorsturzbĂŒgel: Wieder das original von Kawa.
Progressive Federn fĂŒr vorne machen auch Sinn, da die Gabel spĂŒrbar besser anspricht.
Pannen:
Liegengeblieben bin ich NIE.
Bei 32000km hat sich die original Batterie verabschiedet.
Bei meiner letzten habe ich bei ca. 60000 die Lichtmaschine getauscht weil die Wickelung defekt war.
Sonstige SchÀden:
- Bei Kilometerstand 12000, erster Diebstahl. Wurde aber einen Tag spĂ€ter ein paar Ecken weiter gefunden. Das ZĂŒndschloss war einfach mit Gewalt abgeschlagen worden,
dann haben die Deppen den Motor aber nicht zum laufen bekommen und die MĂŒhle stehen gelassen.
- Bei Kilometerstand 48000 Unfall, komplette Front defekt. Gabel mit BrĂŒcke und Joch defekt, Vorderrad defekt Cockpit und Verkleidung defekt.
- Bei Kilometerstand 64000 mein oben beschriebener Versuch die Kupplung unnötigerweise zu Tauschen => Kolben und Ausgleichswelle neu, Steuerkette und Ausgleichswellen Antriebskette neu.
- Bei Kilometerstand 102000km, gestohlen
(sah aber auch noch wirklich super aus)
Wartung:
Alle 10000 bis 12000 Kilometer habe ich das Ăl gewechselt und die Ventile kontrolliert. Ab und an war dann auch mal ein Chim fĂ€llig, Aber
20000 ohne Ventile einstellen ist normal, manchmal auch lÀnger nicht nötig. Der Kupplungszug bedurfte immer einer besonderen Pflege, wenn die Kupplung dann zu schwer ging war ein neuer fÀllig.
Ab und an mal âne Birne tauschen. Mehr fĂ€llt mir jetzt nicht mehr ein.
Fazit:
Mit etwas mehr Durchhaltevermögen und Modellkonstanz hatte sie das Zeug an denn Erfolg
der Tenere oder Africa Twin anzuschlieĂen. Aber dadurch das sie in dieser Form nur zwei Jahre gebaut wurde, hat sie nie deren PopularitĂ€t erreicht. Wer weiĂ heute noch wie die
erste KLR 650 aussah? Kaum einer. Schade.
Zur Tengai
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